Der Gott des Gemetzels

Schwarze Komödie von Yasmina Reza, aus dem Französischen von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel

Zwei elfjährige Jungs prügeln sich auf dem Schulhof. Der eine schlägt zu, der andere verliert zwei Schneidezähne. Das wird Folgen haben. Unter zivilisierten Leuten, wie es die Eltern der beiden sind, spricht man die Sache gemeinsam durch. So beraten Alain und Annette mit Véronique und Michel bei Kaffee und Gebäck, wie man pädagogisch richtig auf Ferdinand (den Täter) und Bruno (das Opfer) einwirkt, so konsensbemüht und politisch korrekt, wie es sich heutzutage in unseren westlichen Gesellschaften gehört.
Doch unversehens brechen sich die nur schlecht verdrängten Vorwürfe Bahn. Wer war denn nun der Schuldige von den beiden Jungs? Deutet Ferdinands rabiates Verhalten nicht auf Eheprobleme zwischen Alain und Annette hin? Was ist schlimmer: dass sich die hypernervöse Annette quer über Véroniques Kunstbände übergibt, oder dass Véronique das Wohlergehen ihrer Bücher deutlich mehr am Herzen liegt als das ihres Gastes? Dass Michel den Hamster seiner Tochter ausgesetzt hat, oder dass Alain einen Pharmakonzern mit einem gesundheitsgefährdenden Medikament juristisch vertritt? Von Sticheleien zu Wortgefechten, von verbalen Ausrutschern zu Handgreiflichkeiten: Der Nachmittag degeneriert zur Schlammschlacht.
Yasmina Reza, die mit allen Wassern des erbarmungslosen Humors gewaschene Meisterin der pointierten Dialoge, spießt die bürgerliche Gesellschaft auf, die hin- und hergerissen ist zwischen aufgeklärter, vernünftiger Mitmenschlichkeit und allzu menschlichem, egoistischem Konkurrenzkampf. Am Ende behält einer die Oberhand: der Gott des Gemetzels.

Einführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn im rechten Seitenfoyer.

DER BLAUE STUHL: Im Anschluss an die Vorstellung am 11. Januar 2024 bieten wir ein Nachgespräch mit Dramaturgin Hilke Bultmann und dem Ensemble an.

Hier sehen Sie den Trailer zur Produktion:

 

THEATER TRIFFT KINO am 19.11.2023 um 11 Uhr. Weitere Informationen hier.

Pressestimmen:

„(Jule Kracht) erzählt (die Geschichte) anders: aus dem Geist von Pop und Pulp. (…) Lustvoll fleddern Kracht und ihre Ausstatterin Nora Lau also das Bildreservoir von Tarantinos Filmen (…) Es ist ein hübsches Spiel, zu decodieren, welches Ausstattungsdetail hier auf welchen Film verweist, und Max Mahlerts Musik spielt mit, indem sie die ausgesuchten Tarantino-Scores liebevoll dekonstruiert. (…) Das Theater Lüneburg steckt in der Krise. Die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst brachten das Dreispartenhaus an den Rand der Insolvenz, zuletzt hatte eine Unternehmensberatung Spartenschließungen empfohlen. Vorerst scheint der Spielbetrieb zwar gerettet, das strukturelle Problem ist aber weiter vorhanden. Angesichts von klugen, mutigen und nicht zuletzt unterhaltsamen Zugriffen wie bei ‚Der Gott des Gemetzels‘ allerdings sollte man sich wenigstens um Publikumszuspruch nicht sorgen – beim Schlussapplaus zur Premiere jedenfalls jubelt der ausverkaufte Saal begeistert.“ (nachtkritik.de vom 01.11.2023; die ausführliche Kritik lesen Sie hier)

„Die Akteure machen einfach Spaß. (…) Gregor Müller spielt ein Testosteronmonster, das am Thema des Treffens gänzlich desinteressiert ist. Das ist eine ideale Rolle für Müller, weil er voll nach vorn spielen kann. (…) Alains Gattin Annette erscheint als elegante, nebenbei mal schnell ihre Fingernägel feilende Vermögensberaterin. Sie bekommt von Elisa Reining den Charakter einer Frau, die sich um Contenance bemüht und die das Ganze doch so ankotzt, dass sie es mit Schmackes auskotzt. (…) Die Gastgeber, er Handelsvertreter, sie Autorin: Jan-Philip Walter Heinzel verkörpert den Abwiegler, Versöhner Michel, er hat den Part des Weicheis. Heinzel hat spürbar Spaß daran zu zeigen, dass auch ein Weichei platzen kann. (…) Immer hart am Rand zur Hysterie wuselt die Gastgeberin umher. Beate Weidenhammer zeigt das dünne Nervenkostüm der Véronique, die am Ende zur Göttin des Gemetzels wird.“ (Landeszeitung vom 30.10.2023; LZplus-Abonnent:inne lesen hier kostenfrei die ganze Kritik)

Hier hören Sie die Audio-Einführung von Hilke Bultmann

 

Premiere:
28.10.2023 20:00 Uhr
Spielstätte:
Großes Haus
Inszenierung
Jule Kracht
Bühnen- und Kostümbild
Nora Lau
Musik
Max Mahlert
Dauer: ca. 1 Stunde und 50 Minuten, inklusive einer Pause
Termine
Besetzung
Inszenierung
Bühnen- und Kostümbild
Véronique Houillé
Annette Reille
Alain Reille
Knusperinchen
Corinna Langhammer
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